Tag 06: Auf in den Norden: Meet Philip/ps and Elch
Das Leben ist manchmal ganz schön verrückt...
Tagestour
Auf in den Norden
Morgens hat mich meine Frau noch gefragt: "Dein Enthusiasmus war am gestrigen Tag nicht so gross, oder?" Da muss ich doch etwas "Erwartungsmanagement" betreiben (so sagt das immer unser Management bei der Arbeit). Für mich war klar dass die ersten 3-4 Tage in Süd-Norwegen landschaftlich und fahrtechnisch die schönsten Tage sein werden. Danach habe ich damit gerechnet, dass sich der Charakter der Landschaft ändert was auch wieder seinen Reiz hat. Ich habe aber erwartet, dass es aber weniger solcher Highlights wie die ersten Tage geben wird.
Das Tag heute hat mir aber gezeigt, dass Norwegen noch viel zu bieten hat, unerwarteterweise. Vor allem Überraschungen.
Morgens bin ich wieder ca 09:15 am Campingplatz losgekommen. Das Wetter war in Ordnung, es hat nicht geregnet. Dann bin ich die ersten 150 km zuerst mal die E6 nach Norden hoch. Die E6 ist quasi die Autobahn in den Norden, hat aber mit Autobahn nicht viel gemeinsam, ist eher wie bei uns eine Landstrasse mit viel Kurven. Landschaftlich ist alles dabei vom Fjord, Seen, viele Flüsse neben der Strasse. Zwischendurch muss ich Tanken, dabei Früstücken. Der Norweger neben mir ißt da schon seinen Pölser (um 10:00, hmm).
Da ich keine rechten Pläne habe, biege ich bei Formofoss zu den Formofossen ab: Stromschnellen der heftigen Art. Der Weg dahin geht durch eine grosse Baustelle, endlich mal 100 m Offroad Strecke...
Bei der weiteren Fahrt sieht man viele Flüsse, mit regulierten Kraftwerken, mal ruhig und breit, mal wild. Da versteht man warum Norwegen seinen Strom aus Wasser bekommt.
Beachte das Deutsch ;-) |
Dann gehts weiter die E6 hoch. Es hat mehr Verkehr, vor allem Lastwagen, die E6 scheint Versorgunsweg nach Norden zu sein.
Meet Philip/ps
Plötzlich sehe ich links an der befahrenen Strasse einen Wanderer mit schwerem Rucksack. Und 200 m weiter noch ein weiterer Wanderer.
Jetzt muss man wissen, dass ich vor der Abfahrt zum Nordkap noch interessiert einen Blog der lokalen Zeitung gelesen habe: zwei Jungs/Studenten wollen zu Fuß (!!!) bis ans Nordkap wandern. Den Blog findet man unter "Unterwegs zum Nordkap: das Reisejournal". Und jetzt zwei einsame Wanderer unterwegs? Ich habe 200 m weiter gehalten und den Blog nochmals gecheckt: sie sind ein paar Tage vorher von Trondheim losgelaufen. Könnte also passen, ich warte und laufe etwas entgegen. 5 min später sind beide da: in der Tat treffe ich 3.000 km von zu Hause entfernt, zwei Jungs aus demselben Ort, mit demselben Ziel, nur anderem Fortbewegungsmittel mitten in Norwegen.
Die beiden haben nicht geplant an der Strasse zu laufen. Der norwegische Wanderverband hat ihnen aber von den Bergen abgeraten, da hat es noch zu viel Schnee. Deswegen gehen sie ein Stück die E6 und wollen dann auf dem Kungsleden in Schweden weiterwandern. Und die kurze Zeit wo sie an der Strasse laufen, fahre ich zufällig vorbei. Wahnsinn.
Wir haben uns dann eine Weile unterhalten, eine "Brotzeit" mit norwegischem Brot/Käse eingelegt. Und natürlich ein Bild von uns dreien gemacht, was hier im Blog kommt und vermutlich auch in ihrem Blog bei der Zeitung.
Philipp und Philip |
Ich habe einen Riesen-Respekt vor dem was die beiden machen. Jeder hat einen 17 kg Rucksack dabei, die beiden sind auf das wesentliche reduziert, alles was sie benötigen müssen sie selber tragen. Ich ziehe meine Hut vor Ihnen.
@Philip/ps Wenn ihr das lest: euch viel Ausdauer, körperlich und mental auf eurem restlichen Weg. Wenn ihr das Ziel, das Nordkap, geschafft habt, habt ihr was prägendes für euer ganzes Leben.
Meet Elch
Nach Verabschiedung bin ich dann weitergefahren. Ich war in 20 min in Trones, dem Zielort der Jungs für deren ganzen Tag. Nach weiteren 20 min kam rechts ein Hinweis auf das "Borgefjell", dem Borgefjell Nationalpark. Dem bin ich dann einfach nachgefahren, Fjell klang schon mal gut. OK, 45 km. Nach Karte führt das nach Schweden, man kommt aber nicht mehr so einfach nach Norwegen zurück, nur mit einem Riesenumweg. Also dann hin und gleicher Weg zurück. Die Landschaft wieder ein Traum, die Strasse geht an einem Fluss entlang, der Fluss mal ruhig, mal wild.
Plötzlich: was macht das Pferd 200 m vor mir auf der Strasse? Bis ich kurz danach kapiere: das ist ein Elch !!! Und wohl eine Elchkuh, die hatte keine typischen Elchschauffeln. Aber ein Riesen-Tier, ich denke grösser als ein Pferd. Der Elch stand dann so 5-10 Sekunden, hat bemerkt dass jemand kommt, har sich dann umgedreht und ist mit 2 bis 3 Sprüngen wieder in den Wald zurück. Ich bin dann langsam vorgefahren, habe den Elch zwischen den Bäumen gesucht (mit den Augen natürlich). Der war aber schon weg, es gibt also kein Beweisbild davon.
Das war echt/Elch beeindruckend. Ich möchte nicht mit so einem mächtigen Tier weder mit Auto noch weniger mit Motorrad aufeinandertreffen. Mehrere Leute die schon in Skandinavien/am Nordkap waren, haben mir gesagt dass sie keinen Elch gesehen hatten. Da habe ich richtig Glück gehabt, dass der einfach so auftaucht, und dabei völlig ungefährlich ist. Ich bin die nächsten Kilometer dann extrem langsam und aufmerksam gefahren, der Elch hat Eindruck hinterlassen.
Zum Borgefjell geht es dann über 40 km noch weiter ins Hinterland Richtung Schweden. Ich bin die Strasse bis zum Ende gefahren, wo sie an einem See endet, von dem aus dann Touren und Führungen starten. Und selbst an der ganzen Strasse hat es noch Häuser, spielende Kinder, Camper, Wanderer, obwohl man gefühlt im Nirgendwo ist.
Auf dem Rückweg zur E6 bin ich dann die letzten 20 km auf einem anderen Weg zurück gefahren. Die ganzen 100 km waren teilweise derbe Wege: die Strasse voller Schlaglöcher, aufgebrochener Teer, kaputte Randstreifen, ich musste sehr aufmerksam fahren. Aber genau das richtige für so eine Enduro, zeitweise bin ich auch im Stehen gefahren, da kann man die Schlaglöcher besser umfahren oder wegstecken.
Weiter ging es dann auf der E6. Witzig was mir das Navi anzeigt: "nächsten Kreisel 1. Ausfahrt nehmen in 185 km". Also viel passiert da nicht auf den nächsten Kilometern.
Zwischendurch wieder Tanken, dabei habe ich einen Norweger getroffen, der mir einen Tipp für den Campingplatz in Mosjoen gegeben habt auf dem ich gerade den Blog-Artikel schreibe. Auf dem Platz hat es eine Pizzeria, Bowling-Bahn. Deswegen gab es auch noch eine Pizza und ein Bier heute abend.
Der Norweger mit einer BMW R1200 RT ist an einem Tag von Trondheim zum Polarkreis und wieder zurück gefahren, ihm haben noch 300 km zurück gefehlt, dann hat er die 1000 km am Tag geschafft. Verrückter Kerl, das bei den Norwegischen Strassen. Er hat mir noch Bilder vom Polarkreis gezeigt, da hat es im Moment viel Schnee.
Damit ist auch das Ziel für morgen klar: Richtung Narvik, dabei an Moi-i-Rana vorbei, den Polarkreis besuchen, und sehen was sonst noch passiert, so wie heute.
Zusammenfassung des Tages
- Gefahren: ca. 450 km
- Reine Fahrtzeit: ca. 8 h
- Wetter: den halben Tag Regen, sonst OK
- Erlebnisse: Philip/ps. Elch, Borgefjell
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